Gazastreifen - bei diesem Begriff werden wohl den meisten von euch Kriegsbilder von Detonation, zerstoerten Haeusern und weinenden Kindern in den Sinn kommen. Auch ich hatte grossen Respekt vor meinem bevorstehenden Aufenthalt und meiner Arbeit in Gaza. Vorgesehen war, das ich mit den zwei deutschen Psychologen Stefan Flegelskamp und Agnes Dudler nach Gaza reisen werde um dort in der ersten Woche bei ihrem Workshop zum Thema Psychodrama teilnehmen werde. Dies ist ein psychotherapeutischer Ansatz, mit dem Traumata von Kindern auf symbolischer Ebene (mittels "Theaeterli) aufgearbeitet werden. Fuer mich war dieser Ansatz etwas ganz neues und ich war schon gespannt, inwiefern dies auch mit den kulturellen Differenzen umsetzbar ist. In den folgenden zwei Wochen arbeitete ich wieder bei PMRS und war mit den Mobilen Kliniken unterwegs. Hier war es fuer mich sehr spannend auch den Vergleich zur Arbeit der PMRS im Westjordanland zu machen und ich muss sagen, ich war sehr positiv beeindruckt!
Es gibt so vieles, das ich gerne ueber Gaza berichten wuerde, ich koennte stundenlang ueber die schlechte Lage in jeglichen Bereichen referieren, ausgeloest durch die totale Isolierung des Gazastreifen durch die Blockade Israels und seit neuem auch Aegypten, die einen Zustand der Hoffnungslosigkeit kreirt, der innerhalb Gazas radikale Stroemungen and die Macht treibt und der Zivilbevoelkerung jegliche Luft zum Atmen nimmt.
Stets schwebte ich zwischen Gefuehlen der Bewunderung fuer die tollen und ambitionierten Leute die ich dort kennenlernen durfte und dann wieder Hilflosigkeit, Unfassbarkeit, Wut und Trauer ueber die schlimmen Schicksale, die wohl jede Person dort mit sich rumtrug. Ich kam mir so oft fehl am Platz vor, mit meinem schweizer Pass und all meinen Freiheiten. Die Leute dort begegneten mir jedoch mit einer solchen Gastfreundschaft und Aufrichtigkeit, dass mir meine anfaengliche Unsicherheit und Vorurteile immer mehr genomen wurde und ich sie als Folge einer verdrehten Medienwelt beurteilte.
Die Leute in Gaza fragten mich immer: "How do you like Gaza?" und es fiel mir nie einfach diese Frage zu beantworten und noch immer bin ich auf der Suche nach einer Antwort.
Einerseits hat man das Meer, das einem ein Gefuehl von Freiheit vermittelt mit seiner Weite und dem unglaublichen blau, aber bei genauerem betrachten sieht man in der Ferne die israelischen Kriegsschiffe, die die illegale Blockade aufrechterhalten, an den meisten Orten schwimmt niemand, da das Wasser dermassen verseucht ist und am Strand patroullieren Sittenwaechter der Hamas, die auch ja schauen, dass kein Aermel zu weit nach oben gekrempelt ist... es gaebe so viel Schoenes in Gaza aber von allen Seiten tuermen sich entweder echte oder virtuelle Mauern auf, die die ganze Bevoelkerung mit ihren Wuenschen und Ambitionen in einem Gefaengnis halten. Diese ganze auswegslose Situation brachte mich sehr zum Nachdenken, was gut ist, aber auch sehr anstrengend und aufwuehlend sein kann.
Ich denke oft an Gaza, es war eine sehr wichtige Zeit fuer mich und ich vermisse meine Freunde - und das Meer... Immer wieder wurde mir bewusst, dass dies das gleiche Meer ist, an dem ich fast jeden Sommer tolle Ferien verbrachte, ohne zu wissen, dass auf der "anderen Seite" eine solche Realitaet existiert. Die Weite des Meeres ist sowohl Freiheit als auch eine Mauer, denn sie schafft eine Distanz, die uns blind werden laesst fuer "das Gegenueber".
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