Donnerstag, 5. September 2013

Tel Aviv – Jerusalem – Ramallah


Seit fünf Tagen bin ich nun in Ramallah und kann es immer noch nicht ganz glauben. Die Zeit vergeht wie im Flug und jeder Tag ist gefüllt von neuen Eindrücken, die mich oftmals sprachlos machen. Die spannenden Gespräche mit tollen Menschen, die gastfreundliche und herzliche Kultur, das feine Essen und die Vielseitigkeit an Kontrasten, lassen momentan meine anderen Gewohnheiten in den Hintergrund treten. Einerseits “abschalten” und gleichzeitig in eine andere Welt eintauchen, ein tolles Gefühl, dass ich so bisher kaum kannte.

Von Tel Aviv machte ich mich am Sonntag auf den Weg nach Ramallah, wobei ich den Qualandia-Checkpoint zwischen Jerusalem und Ramallah überqueren musste. In Jerusalem angekommen, suchte ich den Bus zum Damaskus Tor und scheiterte anfangs an sprachlichen Missverständnissen. Auf hebräisch heisst dieses nämlich “Sha'ar Shechem” und bei der Erwähnung von Damaskus verwiesen sie mich freundlich darauf, dass ich im falschen Land sei und ob ich wirklich momentan dort hin reisen will? Naja, schlussendlich fand ich den Bus und dank übermässigem Verkehr wurde aus einer kurzen Busfahrt eine einstündige Stadt- und Glaubensführung.
Ich fühlte mich in der Zeit zurück versetzt, wenn ich aus dem Bus die geschäftig durch die Strassen laufenden, schwarz-weiss gekleideten, kleinen Männlein mit ihren runden Brillen, grossen Hüten, langen Bärten und gepflegten Kotletten-Locken, beobachtete. Kurz darauf kam ich ins Gespräch mit einem Juden, der mir stolz über seinen Glaube erzählte, wobei er seine Weisheiten immer wieder von hebräischen Zitaten zu unterlegen wusste. Als ich ihm erzählte ich sei Medizinstudentin, erwiederte er zum Beispiel: “Nur die guten Ärzte kommen in die Hölle”.
Später sass ich im Bus nach Ramallah und musste mich erstmals nach einigen Tagen hebräisch und Kippa an arabisch und Kopftuch gewöhnen. Unterstrichen wurde dieser Ganze Kontrast von DER Mauer, die ich beim Qualandia-Checkpoints zum ersten Mal erblickte. Ein komisches Gefühl überkam mich, wenn ich dieses Nadelöhr bewacht von schwer bewaffneten Soldaten und umgeben von mit Parolen besprayten Wänden passierte und diese ganze Absurdheit machte mich sowohl wütend als auch traurig.
Am Busbahnhof holte mich Taka, mein amerikanisch-japanischer Mitbewohner und Mitarbeiter ab und führte mich durch die Strassen zu unserem Appartment. Ich hatte definitiv was anderes erwartet und war erfreut als ich das riesige Wohnzimmer mit mindestens 5 Sofas, die Regale voller Bücher, Wände dekoriert mit politischen Postern und mein grosses Zimmer mit Doppelbett erblickte. Spätestens nach der riesenSchweizerflagge die ich auf dem Weg zur Wohnung vor dem Mövenpick-Hotel aufgespannt sah und der Tatsache, dass mein zweiter Mitbewohner ein Schweizer ist, fühlte ich mich fast schon wie zuhause ;).

Die nächsten Tage waren sehr aufregend. Einerseits begann bereits am Montag mein Praktikum bei der Palestinian Medical Relief Society (PMRS) und zudem lernte ich jede Menge Voluntäre, Palästinenser, Beduinen und deren Geschichte kennen. Aber mehr dazu im nächsten Post.
Nun muss ich nämlich das kommende Wochenende (hier Freitag und Samstag) vorbereiten. Taka hat mich eingeladen mit ein par Freunden ein Auto zu mieten. Heute Abend gehen wir nach Tel Aviv, wo Freunde von ihnen eine Party organisieren, danach geht's zum See Genezareth, wo wir am See campen werden und danach in die Golanhöhen wandern gehen. Ich hoffe ich muss nicht fahren, der Verkehr hier ist total verrückt und wie uns gestern der Ambulanzfahrer beim Nachtessen mit seiner siebenköpfigen Familie erklärte gilt: “Ob rot, orange oder grün an der Ampel, alle bedeuten das gleiche hier...”

Salam,
Johanna

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